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8 - Die Gypsy Picking Technik

Gypsy Swing wird grundsätzlich mit dem Plektrum gespielt, nicht wie beim Flamenco, wo die Saiten mit den Fingern gezupft und angeschlagen werden.
Wenn du nun schon eine weile E-Gitarre spielst und dir eine herkömliche Plektrumtechnik angeeignet hast, dann wirst du mit der Gypsy Swing Picking Technik wahrscheinlich erstmals überfordert sein.

Es kann eine Weile dauern (ev. Jahre), bis du dir die Gypsy Picking Technik angeeignet hast und in einem zügigen Tempo spielen kannst, so wie du es von der E-Gitarre her gewohnt bist.
Falls du weiterhin regelmässig E-Gitarre spielen willst, dann wird es vermutlich einfacher sein, bei deiner gewohnten Technik zu bleiben.


Plektrum- und Körperhaltung

Gypsy Picks
Die typischen Picks sind zwischen 2 und 5 mm dick.
Gute Picks sind vorne an der Spitze schräg zugeschliffen.


Im Gegensatz zur herkömmlichen Picking-Technik, wie man sie von der E-Gitarre her kennt, bleibt das Plektrum nach dem Abschlag auf der unteren Saite liegen. Auf Englisch nennt man dies "Reststroke picking". Beim Aufschlag jedoch bleibt es in der Luft (wie gewohnt).

Haltung des Plektrums
Nach dem Anschlagen der A-Saite bleibt das Plektrum auf der D-Saite liegen.
Der Winkel des Plektrums beträgt ca. 45 Grad.


Der ganze Unterarm, sowie die Hand sind dabei weg vom Korpus, werden also nicht am Korpus aufgestützt.
Die rechte Seite des Schallochs ist eine gute Position für den Anschlag.

Hand und Arm
Beachte, dass die Hand zum Arm abgewinkelt ist.
Die Anschlagbewegung kommt aus dem Handgelenk, nicht aus dem Arm.

Plektrum-Anschlags-Regeln

Neben der Regel immer locker zu bleiben, gibt es drei Grundregeln für das Gypsy Picking:

Regel 1
Beim Wechsel auf eine andere Saite spielt man immer zuerst einen Abschlag.

Regel 2
Die weiteren Töne auf dieser Saite spielt man im Wechselschlag.
Bei Triolen jedoch spielt man meistens ab-auf-ab_ab-auf-ab_ab-auf-ab_usw.

Regel 3
Um den letzten Ton eines Licks zu betonen, spielt man einen Abschlag.


Zuerst mögen diese Picking Regeln irritieren und als unökonomisch erscheinen, vor allem wenn man ein Arpeggio von der dünnen E-Saite herauf zur dicken E-Saite spielt. Mit der Zeit aber merkst du vielleicht, dass diese Technik gerade für das Swinggefühl Sinn macht und auch sehr schnelle Läufe durchaus möglich sind. Die Sintis sind der beste Beweis dafür!
Ich kenne viele Gitarristen, die Jazz Manouche mit der "normalen" E-Gitarren Pickingtechnik spielen. Ich finde man hört dies auch, denn es fehlt ihnen irgendwie der authentische Klang.

Probiere mal folgendes Beispiel aus. Ich wette, du hörst einen klaren Unterschied in der Lautstärke zwischen den Auf- und  Abschlägen.

picking example loudness


Grundübungen zum Picking

Als erstes empfiehlt es sich, sich nur auf die rechte Hand zu konzentrieren und Anschlag-Übungen auf Leersaiten zu machen. Fange langsam an, bis du ein Gefühl dafür bekommst. Benutze ein Metronom oder lasse Djangolizer einen G6 Akkord wiederholen (z.B. Hungaria, erster Takt).

Gerade und geswingt

Fange an nur mit Abschlägen auf die Viertel.
Spiele die Beispiele mit Achteln nicht nur gerade, sondern auch geswingt.

Picking Basics Beispiel 1
Achtung: Das letztere Beispiel fängt mit einem Auftakt an. Spiele es geswingt. Es entsteht ein "Off-Swing".

Triolisch

Hier noch eine Übung für das triolische Picking auf Leersaiten.
Spiele es über alle sechs Saiten.

Triolische Pickingübung Leersaiten


Der Fingersatz

Nachfolgend kommen ein paar Beispiele, die die oben genannten Regeln anwenden. Fingersätze habe ich keine aufgeschrieben, da jeder für sich selber herausfinden muss, wie seine Hände am besten funktionieren.
Manche Gitarristen spielen gerne mit allen vier Fingern (z.B. Angelo Debarre).
Die meisten Sinti spielen hauptsächlich mit drei Fingern, wobei der kleine Finger ab und zu zum Einsatz kommt.
Und dann gibt es natürlich noch das klassische Django Zweifinger-Spiel mit dem Zeige- und Mittelfinger. Bei manchen Licks ist dies sogar die einfachste und schnellste Art zu spielen.

Beispiel-Licks

Wiederholende Picking-Muster

Im folgenden Beispiel ist die Bewegung Ab-Auf-Ab wie beim triolischen Beispiel, diesmal aber in Achteln geswingt.
Du kannst es im B-Teil des Songs "Artillerie Lourde" einsetzen.
Django hat den ersten Teil dieses Licks im Song "Honeysuckle Rose" gespielt.
Das Lick hat nicht wirklich eine Tonart. Probiere es auch in anderen Songs und Tonarten aus.

Artillerie Lourde Picking Example



Sweep

Hier ein Beispiel, das ausnahmsweise die erste Anschlags-Regel bricht.
Es wird vor allem über Dominant 7 Akkorde, bzw. deren Ersatz-Akkorde (Vermindert 7) gespielt. Mehr darüber erfährst du im Kapitel "Jazz Akkorde"

Die erste Note wird nach oben gepickt, über die nächsten drei Noten machst du einen Sweep nach unten.
Hier spielst du über den E7 Akkord die vier Noten von F vermindert. Dieses Lick kannst du gut im Song "Minor Swing" einsetzen.
Es ist einfacher, das Picking-Muster zu spielen, wenn du es am Anfang nur über Leersaiten übst. Spiele es geswingt und gerade.

Diminished Picking Example



In diesem Beispiel werden nur Arpeggio Noten gespielt. Die Akkordfolge entspricht derjenigen von "Minor Swing", hat aber die Länge von nur einem Takt pro Akkord.
Im ersten Takt gibt es einen Sweep, das heisst, das Plektrum kann nach jedem Anschlagen der Seite auf der nächsten, unteren Seite liegen bleiben und somit über mehrere Töne in eine Richtung in einem Rutsch nach unten gezogen werden. Swingfeel aber trotzdem beachten!
Im vierten Takt, das gleiche Arpeggio, aber hier musst du dich jede Saite von unten nach oben hochhangeln. Ein Sweep ist hier nach der "jede neue Saite ein Abschlag-Regel" leider nicht möglich.

Picking Basic 1


Triolen

Das nächste Beispiel ist in G Dur Ionisch. Hier spielst du jeweils drei Tonleitertöne pro Saite.

Triolen Basis Beispiel



Djangolizer Power-User

Im folgenden Beispiel werden nur Triolen gespielt.
Es ist ein Ausschnitt aus dem B-Teil des Songs "Lulu Swing" (von Lulu Reinhardt).

Wer klever ist, der öffnet den Song "Hungaria" und loopt die Takte 7-10, um dieses Lick mit der Demo-Version üben zu können ;-)


Beim E7 Akkord spielst du die Triolen mit einem normalen Wechselschlag. Diese schnelle chromatische Notenabfolge ist übrigens sehr typisch und beliebt im Gypsy Swing.
Siehe dazu auch das Kapitel "Phrasierungen und Tricks"

Beim A7 Akkord spielst du die Triolen pro Takt mit einer Ab-Auf-Ab-Bewegung.
Auch dies ist sehr typisch im Gypsy Swing, Arpeggiotöne zu umspielen. Hier empfehle ich, jeweils den Zeige- und Mittelfinger zu nehmen.

Lulu Swing B-Teil Triolisch Picking


Zum Schluss dieses Kapitels möchte ich noch erwähnen, wie wichtig es ist, auch mal LAUT zu üben. Das muss nicht die ganze Zeit sein, sollte aber immer wieder mal praktiziert werden. Da Gypsy Swing nun mal in erster Linie akustische Musik ist, muss man sich seine Lautstärke durch eine gute Rechte-Hand-Technik erarbeiten.
Ohne kräftigen Anschlag hast du bei der Jam Session keine Chance, wenn du möchtest, dass die Zuhörer deine tollen Soli hören sollen.


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